Wer kennt das nicht - lange Zeit herrscht Zufriedenheit mit dem eigenen Job. Eingebunden mit Projekten, Familie, Kindern, Weiterbildungen, Hobbys, etc. besteht keine Zeit darüber nachzudenken. Irgendwann stellt sich dann plötzlich die Sinnfrage - war's das schon? Könnte ich mit dem, was ich gut kann, nicht auch etwas Anderes machen? Vielleicht etwas Sinnvolleres? Vielleicht etwas mit weniger Zeitaufwand? Oder, oder oder?... Aber, was kann ich eigentlich gut? Und wie gehe ich das an...?
Ich selbst habe mir diese und ähnliche Fragen schon ein paar Mal in meinem Leben gestellt. Jedes Mal war die Antwort eine andere - weil sich meine Bedürfnisse und Prioritäten im Laufe der Zeit verändert haben. Und jedes Mal habe ich irgendwann eine für mich passende Antwort gefunden - mal mit, mal ohne Unterstützung. Häufig scheuen Menschen in einer Situation der beruflichen Unzufriedenheit davor zurück, sich professionelle Unterstützung durch eine(n) Coach zu leisten, oder sich mit anderen Menschen auszutauschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Nicht jede Erfahrung muss man jedoch selbst machen, vieles lässt sich auch aus der Erfahrung anderer lernen.
Daher stelle ich diese Frage - "Wie stellt man es an...?" heute nicht mir selbst, sondern Dirk. Und schaue mit euch gemeinsam hinter die Kulissen beim Karriere-Wechsel vom Politprofi zum "Mädchen-für-Alles-außer-Architektur", Geschäftsführer und Projektmanager. Dirk's abschließende Tipps für Menschen in einer ähnlichen Situation der beruflichen Neuorientierung bestechen durch ihre Einfachheit und Klarheit - aber beginnen wir am Anfang!
Wohlfühl-Setting fürs Interview
Was tue ich nicht alles, um an dieses Interview zu kommen?! Gemeinsam Joggen in der Uckermark oder auch "Running interview" 🏃♀️🏃♂️. Die Landschaft durch die wir laufen wird hier liebevoll "das Paradies" genannt - und es stimmt. Ich nutze also die Gelegenheit Dirk beim gemeinsamen Workout über seinen (zugegebenermaßen vor einigen Jahren vollzogenen) Karriere-Wechsel zu befragen, über den ich schon soooo lange soooo viel mehr wissen wollte. Denn wie oft habe ich schon die Gelegenheit einen Politik-Aussteiger über die eigenen Erfahrungen, Werte & Fähigkeiten zu befragen?!
Karrierestart: Es ist nicht so einfach einen Job zu bekommen
Springen wir zurück in die frühen 2000er Jahre: als studierter Agrarwissenschaftler ist es in Berlin nicht so einfach einen guten Job zu bekommen. Und so überwiegt für Dirk zunächst die Freude über die erste richtige Anstellung: Referent im Agrarausschuss der CDU Bundestagsfraktion - eine sichere Tätigkeit mit vorgezeichneter Laufbahn - Verbände, Partei, Fraktion. Grundsatzpapiere, politische Programme und Reden für Vorgesetzte verfassen. Dirk hat das Gefühl tatsächlich etwas zu bewegen, und so wirklich stressig wird es eigentlich nur in Wahlkampfzeiten. Selbst Arbeiten im Homeoffice ist möglich - zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Und dabei befinden wir uns wohlgemerkt in einer Zeit, in der Corona, Zoom-Konferenzen und digitales Nomadentum noch Zukunftsmusik sind. Viele Faktoren, die für Dirk damals wichtig sind, um beruflich zufrieden zu sein, stimmen also.
Krise: Was möchte ich wirklich? Und wie komme ich dort hin?
Doch mit der Zeit bekommt dieses bequeme Großstadtidyll Risse. Die Abhängigkeit von Vorgesetzten ist groß - läuft es für diese gut, geht die eigene Karriere voran, und umgekehrt. Ganz zu schweigen von möglichen Regierungswechseln. Immer häufiger meldet sich Dirk's innerer Autonomie-Wächter und skandiert: "ich möchte mehr Verantwortung übernehmen, selbständig arbeiten und eigene Entscheidungen treffen." Unterstützung erhält dieser von Dirk's innerem Werte-Beauftragten der seine Werte in Gefahr sieht: "es gefällt mir nicht, dass Macht, Positionierung und Mehrheitsfindung oft eine größere Rolle spielen, als die erarbeiteten Inhalte selbst". Zusätzlich werfen zahlreiche feucht-fröhliche abendliche Parteiveranstaltungen lange Schatten auf die Frage nach einem mittelfristig gesunden Lebenswandel für einen jungen Vater - Dirk's innerer Gesundheitsminister drängt immer mehr ins Rampenlicht. Diese drei inneren Anteile machen gemeinsame Sache und und werden immer lauter. Es wird deutlich - es ist höchste Zeit für eine berufliche Veränderung - nur was und wie?
Zweifel: Kann ich das? - Einfach mal ausprobieren!
Immobilien, Buchhaltung, Steuern und Finanzierung?! Eine Option tut sich auf - Dirk könnte in die Immobilienfirma seiner Frau als "Mädchen-für-Alles-außer-Architektur" einsteigen!? Auf meine Frage, wieviele der inhaltlichen Themen, die da zu übernehmen waren, er zu diesem Zeitpunkt bereits beherrscht - Dirk's ehrliche Antwort: "Eigentlich keine." Obwohl man diese Alternative heutzutage wirklich nicht gerade als "Match" bezeichnen würde - Dirk möchte sie trotzdem nicht einfach vorbeiziehen lassen. Fachwissen hin oder her. Entscheidend ist für ihn: dort wo er aktuell ist, weiß er mit Sicherheit, wie es weitergehen wird. Und genau das möchte er nicht. Er möchte Veränderung - auch wenn das heißt, etwas Bekanntes zu verlassen für etwas Unbekanntes - und damit Unsicherheit in Kauf zu nehmen. Um seinem eigenen Sicherheitsbedürfnis gerecht zu werden absolviert Dirk ein 2-monatiges Praktikum in der Firma seiner Frau, bevor er sich final entscheidet. Wie er sagt, "um das soziale Miteinander, die Kultur und die neuen Herausforderungen kennenzulernen". Aus meiner eigenen Erfahrung ein genialer Schachzug - ich würde selbst auch nie wieder die Katze im Sack kaufen. Am Ende überwiegt für Dirk die Lust auf das Neue, der Wunsch nach selbständigem Arbeiten, nach eigenen Entscheidungen und Selbstverantwortung - auch wenn er sich damit in eine neue Form der Abhängigkeit begibt. Die Abhängigkeit von seiner Frau - nicht nur privat, sondern auch beruflich!
Erste Schritte: ab ins kalte Wasser!
Bei der Überwindung seiner anfänglichen Hürden helfen ihm nach eigener Aussage genau diese fünf Dinge am meisten:
Schamfreiheit: er hat keine Angst davor, immer und immer wieder dieselben Fragen zu stellen und damit auch zuzugeben, dass er als Vorgesetzter weniger weiß als die Mitarbeitenden!
Beharrlichkeit und Neugier: Dinge verstehen zu wollen, die er noch nicht kennt!
Umgang mit Anderen: im Politikbetrieb eine Kernkompetenz - Arbeit im Team, Agieren in der Gruppe, auch in der Baubranche ist das wichtig!
Mentorinnen: sowohl im Steuerbüro der Firma als auch beim Anbieter der Buchhaltungssoftware. Geduldig erklären sie ihm ein ums andere Mal die Grundlagen der Buchhaltung, Steuern und die Finanzen der Firma!
Seine Schwiegermutter: durch ihre jahrelange Schattenbuchhaltung und Kontrolle trägt sie einen großen Teil dazu bei, dass Dirk regelmäßig aus seinen Fehlern lernt - "Danke Renate!"👵
Sich-Selbst-Bewusst-Werden: eigene Fähigkeiten erkennen
Nach eigener Aussage versteht Dirk viele Dinge über sich selbst erst viele Jahre später, als er eine Ausbildung zum Projektmanager macht! Nämlich, dass nicht alle Menschen gerne Verantwortung übernehmen wollen. Oder, dass ihm der gestalterische Aspekt, sich konkrete Projekte zu überlegen, zu planen und umzusetzen in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer wirklich liegt. Manche Fähigkeiten werden ihm erst spät wirklich bewusst - einige erst in unserem Gespräch heute 😉. Dass er gerne Menschen zusammenbringt, und gerne jungen Menschen etwas beibringt - und ihm somit die Rolle als Ausbilder wie auf den Leib geschneidert ist.
Einige Fähigkeiten hat Dirk im Politikbetrieb erworben, viele andere Fähigkeiten, bringt er mit, weil er so ist, wie er ist, weil er "Talent" hat - oder weil er sie im Laufe seines Lebens in verschiedenen Situationen und Kontexten erlernt hat. Die Fähigkeit mit unterschiedlichsten Menschen zu kommunizieren, schnell zu arbeiten und sich nicht im Detail zu verlieren, Entscheidungen zu treffen, Dinge einfach mal zu machen, ohne zu viel nachzudenken, Risiken in Kauf zu nehmen - all das lässt sich wunderbar gebrauchen als "Mädchen-für-Alles-außer-Architektur"!
2 Tipps für Menschen mit beruflichem Veränderungswunsch
Ich beiße die Zähne zusammen und halte durch, diese Geschichte ist so spannend, dass ich das Stechen in meiner Lunge fast vergesse. "Eine letzte Frage noch…" keuche ich, während wir einen kleinen Abhang hinauflaufen, Dirk mühelos, ich außer Atem "…was würdest du Menschen raten, die in einer ähnlichen Situation sind?" Zwei Dinge möchte Dirk anderen Menschen auf ihren Weg mitgeben:
Starte mit einem Testballon: Probiere Deine Idee aus, mit geringer Fallhöhe, bevor du Dich final entscheidest.
Finde früh(er) in deinem Leben heraus, was Du wirklich gut kannst und wirklich gerne tust: Dirk sind viele seiner Fähigkeiten erst spät in seinem Leben wirklich bewusst geworden. Je früher (und regelmäßiger) wir uns bewusst machen, welche Talente in uns stecken - desto besser!
An diesem Punkt des Sich-Selbst-Bewusst-Werdens kann Coaching im Allgemeinen - und ein Programm wie CareerReflAction im Besonderen - eine große Hilfestellung sein. Denn eigene Talente genauso großzügig wahrzunehmen, wie die Talente anderer Menschen, ist gar nicht so einfach! Mit gezielten Methoden und der kreativen, wertschätzenden Intelligenz einer Kleingruppe geht das schon viel leichter!
Ich nehme aus diesem sportlichen Interview auch wieder zwei Punkte für mich selbst mit:
Joggen und Interviewen gleichzeitig: ist wie beim Walking Coaching auch eine super Kombination. Die Bewegung, die herrliche Landschaft, das gelegentliche gemeinsame Schnaufen und Schwitzen, all das beflügelt unser Denken und unser Gespräch.
Dirk ist auf jeden Fall fitter als ich - ich muss dringend etwas für meine Ausdauer tun 😉
Die Jogging-Runde ist zu Ende, das Interview auch! jetzt erstmal eine Flasche Wasser, einen schönen Kaffee und dann nichts wie ab mit meinem Laptop in die "Lounge", solange die Erinnerung noch frisch ist!
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Hast auch Du Lust bekommen, uns Deine berufliche Veränderungsgeschichte zu erzählen und möchtest dabei weiteren Deiner Fähigkeiten auf die Spur kommen? Dann melde Dich gerne per Email, Kommentarfunktion oder persönlicher Nachricht bei uns! Wir freuen uns auf Deine Geschichte.
P.S. Bei Deiner Veränderung muss es sich nicht um einen eher "extremen" Karrierewechsel handeln, wie bei Dirk. Auch Veränderungen in Deiner Ursprungslaufbahn bieten tolle Aha-Effekte und Erkenntnisse für Andere, die sich mit einer beruflichen Veränderung beschäftigen!
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